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Das Impostor-Syndrom

Aktualisiert: 8. Dez. 2022


Impostor-Syndrom | Hochstapler/innen-Syndrom


Was es ist und wie man diesem Teufelskreis begegnen kann und in die Selbstwirksamkeit kommt!


Ich bin das erste Mal vor ca. 2 Jahren mit dieser Wortkreation Impostor-Syndrom – zu Deutsch Hochstapler-Syndrom - in Berührung gekommen. Die Sorge, die entsteht, ob man den hohen Erwartungen, die an einen gestellt werden, erfüllt oder doch als „Hochstapler/in“ entlarvt wird.

Was soll ich sagen, auch ich habe mich ein Stück weit ertappt gefühlt. Wie angeblich 70% aller Menschen, die sich solch einer Situation im Leben schon mindestens einmal ausgesetzt gefühlt gesehen haben. Vielleicht kurz, wer mit dieser Umschreibung von Selbstzweifel noch keine Berührungspunkte hatte.


Was ist das Impostor-Syndrom nun genau und was besagt es?


Das Impostor Syndrom ist ein psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene von (massivem) Selbstzweifel hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Leistungen geplagt werden und eigene Erfolge selbst nicht sehen und anerkennen können. Es handelt sich dabei keinesfalls um eine Krankheit, wie die Bezeichnung Syndrom vermuten lassen könnte, sondern um ein Persönlichkeitsmerkmal, das sich durch unterschiedliche Ereignisse und Auslöser aufzubauen beginnt.


Mal ehrlich. Hand aufs Herz. Wem ging es in seinem beruflichen Weg nicht auch schon einmal so vor Herausforderungen gestanden zu haben, denen man sich nicht gewachsten gefühlt hat bzw. wo man das Gefühl entwickelt hat, mehr Schein als Sein zu „verkaufen“.


Ich denke da z.B. sofort an meinen Berufsstart. Erste Verkaufsgespräche, die ich geführt habe. Erste Beratungsprojekte – die ich verkauft habe – mit dem Wissen noch nicht allzu viel Erfahrung darin gesammelt zu haben.

Immer wieder lähmen große Herausforderungen im ersten Moment und die Frage poppt auf, kann ich diese Erwartungen an mich erfüllen. Bin ich schon so weit. Muss ich eventuell an eine/n Kollegin/en verweisen. Es bedarf viel Arbeit an sich selbst, seinem Selbstwert und der laufenden Beweisführung es sehr wohl zu schaffen und damit alte Muster und Automatismen, die einen klein reden, loszuwerden bzw. zu verändern.



 

"Selbstzweifel gehören meiner Meinung nach ein Stück weit zum persönlichen Entwicklungsprozess. Wenn Selbstzweifel allerdings permanenten Leidensdruck erzeugen, darf man achtsam werden."

 

Der Begriff Hochstapler-Syndrom wurde 1978 in einem Artikel von Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes eingeführt. Sie stellten erstmalig den Bezug zwischen Selbstzweifel und Erfolg vor allem in leistungsorientierten Gesellschaften her. Anfänglich ging man davon aus, dass hauptsächlich erfolgreiche Frauen betroffen sind. Bald hat man erkannt, dass diese Ausprägung sowohl auf Frauen als auch auf Männer im gleichen Maße zutrifft, wenngleich unterschiedlich damit umgegangen wird.

Psychologische Studien aus den 1980er Jahren schätzen, dass zwei von fünf erfolgreichen Menschen sich selbst als Hochstapler/innen einstufen.




Was führt die Literatur nun als etwaige Gründe für das Entstehen dieses Merkmals an:


  • Pessimistisches Katastrophen-Denken Zweifel an sich selbst, der Welt, der Gesellschaft, der Zukunft. Was kann ich in dieser Welt schon ausrichten.

  • Scham & Schuld leichte Momente können angesichts des Elends auf der Welt nicht genossen werden.

  • Stigmatisierung von Minderheiten z.B. Frauen in männerdominierten Umfeldern, Menschen mit Migrationshintergrund, anderer Hautfarbe, anderer Religionen.

  • Sozialisation Kindheit, Erziehung, Familiendynamik (unerfüllte, familiäre Erwartungen). Herabstufung „Ich sehe nicht, dass aus dir etwas werden kann“. Gute schulische Leistungen werden als Zufälle abgetan – Selbstzweifel entstehen oder umgekehrt, Liebe kann nur über Leistung „verdient“ werden. Frühe Rollenzuordnung und Zuordnung von Attributen wie „hübsch, einfühlsam, sozial für Mädchen und intelligent, erfolgreich sowie stark für Buben.


 

Man sollte meinen, dass Alter und Erfahrung weise machen und davor schützen. Aber gerade heute flammt dieses Thema, befeuert durch unterschiedliche Auslöser, wieder richtig hoch.

 


Selbstzweifel werden aus meiner Sicht speziell bei Frauen dadurch zusätzlich genährt, indem einer modernen Frau und Mutter auf sämtlichen Ebenen Erfolg abverlangt und suggeriert wird. So wird man über Social-Media-Kanälen oft mit Unerreichbarem konfrontiert, was die eigene Leistung schmälert und zu notorischer Unzufriedenheit und nagendem Selbstwert führen kann.


Auch beobachte ich, dass die Debatte rund um Frauenquoten und damit der verordnete Ausgleich von Männern und Frauen in der Führungsetage den Glauben an sich selbst nicht unterstützt. Viele erfolgreiche Frauen fühlen sich nicht durch ihr Können und ihre Leistung befördert, sondern ordnen ihren Erfolg der zu erfüllenden Quote zu. Dies wird meist im Außen noch zusätzlich durch offene, aber auch verdeckte Diskussion und Tuschelei geschürt. Was bleibt, ist die Entwertung der eigenen Leistung, sich nicht über Erfolge ehrlich freuen zu können, bohrende Selbstzweifel und der Druck, es sich und der Welt beweisen zu müssen.



 

Exkurs: Ich bin übrigens absolut der Meinung, dass diese Quotenbestimmungen notwendig sind um auch nur annähernd über die Zeit, Gleichstellung zu schaffen. Es mag sich im ersten Moment – für die ersten oder auch noch zweiten Generationen - als nicht fair anfühlen, was es in manchen Situationen (wahrscheinlich) auch nicht ist. (Im Übrigen früher auch nicht (immer) war, als Männer – aus selbst ernannten Gründen - bevorzugt wurden und in vielen Ländern auch heute noch werden.)

Beziehen wir die Vergangenheit mit ein, die Paradigmen und die Bilder, die es zum Thema Mann und Frau gibt, braucht es klare Regeln, um diese zu durchbrechen und neue zu schaffen. Sonst dürften Frauen heute noch nicht wählen, wenn es nicht per Gesetz eingeführt worden wäre. Übrigens wurde in der Schweiz das Wahlrecht der Frau erst 1974 eingeführt. Das schockiert mich immer wieder, wenn ich es lese.

Was es auf jeden Fall braucht: einen reflektierten und akzeptierten Umgang damit. Von beiden Seiten – Männern und Frauen. Ein so wichtiges Thema. Vielleicht schreibe ich dazu noch einmal gesondert einen Blog.


 

Aber zurück zu unserem heutigen Thema. Selbstzweifel. Anhand der Grafik lässt sich der Kreislauf virtuell gut darstellen:


Einerseits durch Perfektionismus, d.h. akribisch alles vorzubereiten. Am besten für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Niemanden um Hilfe bitten oder Fragen stellen, die den Arbeitsaufwand eventuell deutlich verringern oder erleichtern könnten, um ja nicht von anderen „entlarvt“ werden zu können, kein/e Experte/in auf diesem Gebiet zu sein. Hat man Erfolg, bestärkt einen dies nur in seinem Zugang und man bleibt der Taktik des akribischen Vorbereitens treu. Über die Zeit eine sehr kräftezehrende Herangehensweise. Das allerschlimmste jedoch: Trotz Erfolge ist man nie zufrieden und unterliegt dem Glauben, es noch besser hätte machen zu können. Oder: „Kein Wunder bei dieser Vorbereitung, so kann es ja wohl jede/r.“

Andererseits durch Prokrastinieren – der sogenannten „Verschieberitis“. Der Berg der Herausforderung scheint viel zu groß, Erfolg schier unerreichbar. Man beginnt sich vorsorglich „klein“ zu reden, um zwangsläufigen Enttäuschungen vorzubeugen. Man weiß nicht, wo man anfangen soll und so baut sich Tag für Tag nur noch mehr Druck und Stress auf, bis man in letzter Sekunde wahre „Wunder“ vollbringt, um nicht ganz zu scheitern. Sollte man wider Erwarten Erfolg haben, wird dieser äußeren Umständen, Glück oder Zufall zugeschrieben, aber ganz sicherlich nicht sich selbst. Um „Verschieberitis“ in den Griff zu bekommen, hilft es mitunter, Routinen zu etablieren, große Ziele in machbare Teiletappen herunterzubrechen etc. Dazu findet sich der eine oder andere Tipp in meinen vorangegangenen Artikeln zum Thema Flow.



Was sind nun die Konsequenzen von Nicht-Anerkennung seiner Leistung?


  • Down-Shifting – Tiefstapeln: hinter seinen Möglichkeiten bleiben, aus Angst entlarvt zu werden. Und das ist doch zu SCHADE!

  • Externalisieren – du machst die Leistung und den Erfolg nicht an dir fest, sondern am Außen.

  • Dramatisierung – Erfolg ist selbstverständlich, aber Fehler werden überdramatisiert.

  • Vergleichsfalle – Selbstzweifler/innen vergleichen sich nie nach unten, sondern nur nach oben.

  • Falsche Gewichtung – eigene Schwächen werden überschätzt, die der anderen unterschätzt.

  • Superfrau-Komplex - dem Glaubenssatz erliegen, der einem oftmals suggeriert wird: „Es müsse alles leicht gehen“


Das heißt in dem Moment, wo Selbstzweifel zum Leichtigkeitskiller werden, der eigenen Stimme kein Gewicht mehr gegeben wird, man überzeugt davon ist, eine Fehlbesetzung zu sein, Erfolg dem Außen und nicht dem eigenen Können zugesprochen wird, sich Gedanken beginnen, im Kreis zu drehen und dir den Schlaf rauben, Selbst-Sabotageprogramme deine Potenzialentfaltung hemmen, sich Stress und Druck permanent erhöht, Unsicherheit und Angst die Folgen sind und letztlich keine Karrierechancen ergriffen werden aus fehlendem Zutrauen oder aus Angst „entlarvt“ zu werden, darf innegehalten werden. Spätestens dann solltest du versuchen diese Abwärtsspirale zu durchbrechen.



Aber wie genau durchbricht man nun diesen Teufelskreis?


Der wichtigste Schritt zur Überwindung des Hochstapler-Syndroms ist zu erkennen, dass es existiert.